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Nachhaltige Sortimente

 

Thema : Sortimentspolitik



 

Nachhaltige Sortimente





 

Der immer stärker zu beobachtende Trend „Nachhaltige Sortimente“ führt dazu, dass es immer mehr Produkte gibt, die als ökologisch, fair, sozial, besonders gesund oder regional hergestellt und gekennzeichnet sind. Dieser Trend basiert auf dem Wunsch von Konsumenten nach nachhaltigeren Produkten, welche gesünder sind und die Umwelt weniger belasten sollen. Die derzeitige Klima-Diskussion ist dabei lediglich ein weiterer Faktor, der eine seit langem zu beobachtende Entwicklung noch stärker forcieren wird.

In der Schweiz ist der Anteil an nachhaltigen Produkten schon jetzt höher als in den meisten anderen Ländern. Bei Coop machten entsprechend gelabelte Produkte 2021 bereits mehr als ein Viertel des gesamten Detailhandelsumsatzes aus.

Der Anteil an Bio-Lebensmitteln ist einer der höchsten weltweit. Nun setzt sich der Trend in zunehmender Form auch in weiteren Warengruppen durch, z.B. in der Kosmetik oder Bekleidung, in denen immer mehr nachhaltige Produkte von Konsumenten gefordert werden.

 „Immer mehr Frauen und Männer verwenden Naturkosmetik. Der Anteil am gesamten Kosmetikmarkt beträgt in der Schweiz zwar nur gut 3%, doch dafür sind die Zuwachsraten mit etwa 10% deutlich höher.“ (Quelle: Mibelle Group, 2020)

Grundsätzlich gibt es viele andere Trends, die auch für nachhaltigere Sortimente sorgen. Re-Commerce beispielsweise sorgt dafür, dass Produkte, die von anderen nicht mehr benötigt werden, einfacher zu anderen Konsumenten gelangen und somit evtl. die Produktion von einem zusätzlichen Produkt einspart. Auch der Trend zu einer weiteren Reduzierung von Foodwaste sorgt dafür, dass weniger Ausschussware produziert wird. Ebenso Lean & Green Logistics, ein Trend aus dem Themenbereich Supply Chain Management & Beschaffung, sorgt für nachhaltigere Sortimente, da der ökologische Fussabdruck von der Supply Chain massgeblich reduziert wird. Genauso führt der Trend Miet-Commerce zu mehr Nachhaltigkeit. Da Produkte geteilt werden, müssen weniger produziert werden. Ein prominentes Beispiel hierfür liefert IKEA.

Insgesamt führt dieser Trend, zusammen mit vielen weiteren Trends, dazu, dass Sortimente nachhaltiger werden, da die Umweltbilanz sich in vielen Aspekten wie Produktion, Transport oder Vertrieb massiv verbessert hat und sich durch Innovationen künftig noch weiter verbessern wird. 

Für den Detailhandel insgesamt sehen es die Respondenten als sehr wahrscheinlich an, dass sich der Trend breit durchsetzt. Die Werte sind dabei in den vier Branchen ähnlich hoch. Am höchste sind sie jedoch bei Food/FMCG, da hier Themen wie „bio“, „lokal“, „fair“ und „nachhaltig“ immer wichtiger werden. Die Relevanz dieses Trends für den Detailhandel in der Schweiz wird als sehr hoch eingeschätzt. Dabei liegen die Einschätzungen bei Textil & Sport etwas tiefer als bei den anderen Branchen, weisen aber trotzdem eine sehr hohe Relevanz aus. Auch bei Textilien achten Kunden immer mehr auf die Nachhaltigkeit, z. B. auf faire Arbeitsbedingungen oder nachhaltig produzierte Rohstoffe.

Der Trend "Nachhaltige Sortimente" im Branchenvergleich 

 

Nachhaltige Sortimente



Beispiele für „Nachhaltige Sortimente“:
  • Ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Händler Einfluss auf ihre Lieferanten ausüben können, um die Nachhaltigkeit zu steigern, ist die amerikanische Outdoor-Kette REI. REI stellt hohe Anforderungen an seine über 1'000 Markenhersteller. Bereits 2018 wurden Produktstandards eingeführt, aber die „REI Product Impact Standards 2020“ gehen jetzt noch deutlich weiter. Das Ziel von REI ist es, seinen Carbon Footprint bis 2030 zu halbieren und fordert deshalb von jedem Lieferanten, bis Ende 2021 seine jährlichen CO2-Emissionen zu messen und konkrete Aktivitäten zu planen, die produktionsbedingten CO2-Emissionenzu reduzieren. Zudem erklärt REI seinen Lieferanten, dass bis 2030 jedes von ihnen verkaufte Produkt ein so genanntes „Preferred Attribute“ (z. B. Fair Trade, Blue Design, Forest Stewardship Council FSC) haben und dafür einen externen Zertifizierungsprozess durchlaufen muss. Seit der Lancierung der ersten Produktstandards konnte man so erreichen, dass Markenhersteller mit über USD 2.6 Milliarden Umsatz, ihre eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten bewertet und dies mit REI transparent geteilt haben. Über 300 Hersteller haben bereits mindestens eins der „Preferred Sustainability Attributes“ für ihre Produkte umgesetzt. Über 120 «Marken» haben an Branchenworkshops zur Nachhaltigkeit mitgewirkt, um gemeinsam nachhaltigere Praktiken zu implementieren (Footwear News, 9.12.2020).

  • Mit „Infarm“, einem Vertical-Farming-Konzept, können Supermärkte Kräuter direkt in Gewächsschränken in der Filiale anbauen. Damit ist für den Kunden klar, dass keine langen Transportwege angefallen sind, dass das Produkt eine optimale Frische hat und dass es ökologisch angebaut wird. Viele europäische Supermarktketten sind bei den Testprojekten von Infarm dabei, u.a. Edeka, Intermarché, Auchan und in der Schweiz auch die Migros, die seit Ende 2018 in mehreren Filialen ihren Kunden frische Kräuter direkt aus den Farmen von Infarm anbieten (Artikel, Tagblatt,  07/2019).

  • Sogar der Discounter Aldi Süd setzt seit Mai 2020 auf Infarm. Vorerst werden die Kräuter in fünf Filialen in Frankfurt/Main und Düsseldorf angebaut, bis Ende 2020 sollen sieben weitere Filialen hinzukommen. Infarm baut seine Kräuter auch in grossen Gewächshäusern an. Diese Kräuter wird Aldi in 300 Filialen (in Deutschland) anbieten. Dank der Zusammenarbeit mit Infarm kann Aldi sich besser bei den Kunden positionieren, die Wert auf einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil legen (Artikel, Frankfurter Allgemeine, 2020). 

  • Um nachhaltiger zu werden, bemühen sich auch viele Spielzeughersteller um eine Reduktion ihres ökologischen Fussabdrucks. So hat Mattel beispielsweise mehrere Spielzeuglinien eingeführt, die aus Zuckerrohrkunststoff hergestellt werden (Artikel, Associated Press, 2020). Weiter plant das Unternehmen, die Verwendung nachhaltiger Materialien auf andere Produktlinien auszuweiten. Darüber hinaus gibt es an, den Verpackungsabfall durch die Verwendung von bis zu 93 % recycelten oder nachhaltig gewonnenen Materialien reduziert zu haben. Insgesamt hat sich Mattel das Ziel gesetzt, bis 2030 alle Spielzeuge aus recycelbaren, recycelten oder biobasierten Kunststoffmaterialien herzustellen.
  • Gemäss des Kosmetik- und Nahrungsmittel-Unternehmens Mibelle AG, beträgt der Anteil an Naturkosmetik am Schweizer Markt zurzeit nur 3 %, dieser wächst aber mit jährlich +10 % deutlich. Die Nachfrage seitens Konsumenten ist daher ersichtlich. Bei Mibelle werden einerseits nachhaltige Rohstoffe und Rezepturen verwendet, andererseits wird auch die Produktion möglichst nachhaltig gestaltet. Details zu der Nachhaltigkeit von den verschiedenen Produktionsschritten sind unter der Rubrik „Nachhaltigkeit“ auf der Website des Unternehmens nachzulesen. Eine Produktion, die mit nachhaltigen Methoden wirtschaftet, trägt schlussendlich auch zu der Nachhaltigkeit eines Produkts bei.

  • Coop und deren Produktionsbetrieb für Kosmetik Steinfels Swiss produzieren ebenfalls ein breites Sortiment an Naturkosmetik und Reinigungsmitteln. Durch die langjährige Erfahrung in der Produktion von nachhaltigen Reinigungsmitteln, ist Steinfels Swiss sogar in der Lage über ein Drittel der Produkte für den professionellen Bedarf nachhaltig zu produzieren. Diese Produkte haben sehr hohe Anforderungen, eine nachhaltige Rezeptur ist daher entsprechend anspruchsvoll herzustellen.

    Wie bei den meisten Betrieben, die Kosmetik und Reinigungsmittel produzieren, ist Palmöl ein wichtiger Bestandteil von vielen Produkten. Steinfels Swiss setzt sich für den nachhaltigen Anbau und Einkauf von Palmöl ein. Hier ein Interview über nachhaltiges Palmöl mit Dr. Beat Müller, Leiter Forschung/Entwicklung bei Steinfels Swiss.

  • Auch andere Hersteller von Kosmetikartikeln versuchen immer nachhaltigere Sortimente auf den Markt zu bringen. Hier werden oft existierende Marken mit veränderten Rezepturen neulanciert. Hersteller wie Henkel, Unilever oder L’Oréal haben verschiedene Shampoos neu als „vegan“ und ohne Tierversuche auf den Markt gebracht (Artikel, Reuters, 02/2019). Für den professionellen Bereich werden ebenso vegane Alternativen entwickelt. Die erhöhte Nachfrage nach einem „grünen” Lifestyle und die immer grösser werdende vegane Gemeinschaft beeinflusst die Nachfrage nach pflanzlichen Inhaltsstoffen in Beauty-Produkten. So kaufen etablierte Unternehmen auch kleinere Hersteller von nachhaltigen Kosmetikprodukten. L’Oréal hat 2018 zum Beispiel die deutsche Kosmetikfirma „Logocos Naturkosmetik“ gekauft (Artikel, L'Oreal, 08/2018). Das Unternehmen stellt vegane Bio-Produkte her, einige davon sogar mit Inhaltsstoffen eigener organischer Produktion.

  • Viele der grossen FMCG-Konzerne lancieren in den letzten Jahren natürliche und nachhaltige Kosmetikmarken. Mit „Better Natured“ hat Henkel im Frühling 2020 eine eigene Linie auf den Markt gebracht. Die Produkte basieren auf natürlichen Inhaltstoffen, sind vegan, wurden nicht an Tieren getestet und sind nachhaltig verpackt (Artikel, Happi, 2020). 

    Es gibt zudem eine wachsende Zahl von kleineren Start-Ups und Unternehmen, die ihre eigene nachhaltige Naturkosmetik entwickeln und verkaufen. Diese arbeiten oft mit weniger oder schonenderen Chemikalien als die grossen Hersteller. Die Zeitschrift Vogue gibt eine Übersicht der relevantesten Player (Artikel, Vogue, 03/2019).  Einige dieser Unternehmen machen sich bei Konsumenten sehr beliebt und könnten auch für Konzerne interessante Akquisitionsobjekte sein.
  • Unter dem Label Coop Naturaline verkauft Coop seit vielen Jahren Textilien, welche fair und umweltfreundlich aus Bio-Baumwolle hergestellt wurden. Coop Naturaline zieht ihr Engagement aber auch weiter und unterstützt über eine Stiftung Bauernfamilien in Indien und Tansania. Die Stifttung bioRe wurde von der Textilhandelsgesellschaft Remei und der Coop gegründet und verfolgt das Ziel zur Selbsthilfe und fördert die Produktion von Bio-Baumwolle und sozialen Projekten, wie den Bau von Schulen.

Video: Coop Naturaline bio&fair: CO2 Neutrale Textilien



  • Auch grosse Modehändler wie H&M bemühen sich, ihre Ware nachhaltig herzustellen und markieren diese dann auch entsprechend (H&M, Sustainability). Modehändler arbeiten einerseits daran, die Produkte nachhaltiger zu produzieren, sorgen sich aber immer mehr auch darum, Kunden nach dem Kauf Dienstleistungen anzubieten, welche die Nachhaltigkeit der Produkte weiter erhöhen. Hierzu zählt zum Beispiel der Flick-Service, den Händler und Hersteller wie H&M, Levi’s oder Patagonia anbieten.

  • Timberland (Artikel, Retail Gazette, 2020) ist eine Partnerschaft mit Other Half Processing eingegangen, um eine nachhaltige Lieferkette für Leder aufzubauen. In dem Pilotprojekt beschafft Timberland rückverfolgbare Häute von Rindern, die in einem regenerativen Prozess geweidet haben. Die Anwendung von regenerativen Weidemethoden erlaubt es den Flächen, sich natürlich zu erholen, schont die Böden und bietet daher auch die Produktion von hochwertigem Futter für die Rinder. Die ersten Produkte mit diesem Leder sind im Herbst 2020 auf den Markt gekommen. Die Partnerschaft baut auf Timberlands langjähriger Verpflichtung auf, Produkte verantwortungsbewusst herzustellen und Veränderungen mitzugestalten. Durch individuelle Vereinbarungen mit Lieferanten und verbesserte Rückverfolgbarkeit der Ware kann Timberland sicherstellen, dass die Rohstoffe aus nachhaltigen Quellen stammen.

  • Der nachhaltige Schuhhersteller Allbirds hat eine Investition in Höhe von 2 Mio. USD in das Unternehmen „Natural Fiber Welding Inc“. getätigt. Dieses arbeitet an der weltweit ersten „100 Prozent natürlichen, pflanzenbasierten Lederalternative“. Durch die Investition fördert Allbirds die Entwicklung des Materials und kann sich Zugang zu neuen Erkenntnissen und Materialien verschaffen. Das Pflanzenleder wird aus Pflanzenöl, Naturkautschuk und anderen Bio-Inhaltsstoffen hergestellt. In der Herstellung bedeutet das eine 40-mal geringere Kohlenstoffbelastung als bei der Herstellung von Leder und eine 17-mal geringere Kohlenstoffbelastung im Vergleich zur Produktion von Kunstleder aus Kunststoff (Artikel, Footwear News, 2021).
  • Mit Bio, Naturaplan, Fairtrade, MSC, FSC, Ökoplan, Slow Food, Demeter, Heumilch, Hochstamm Suisse, Pro Montagna oder einem der vielen anderen Labels, gibt es in der Schweiz sehr viele, die die Nachhaltigkeit von einem Produkt kennzeichnen (Übersicht Coop, Übersicht Migros). Durch diese vielen Labels können Kunden aber auch verwirrt werden und wissen nicht mehr, was die verschiedenen Labels bedeuten. Um dieser Unklarheit entgegenzutreten, hat Migros den „M-Check“ lanciert. Diese Kennzeichnung auf der Verpackung von Produkten fasst die verschiedenen relevanten Labels in selbsterklärenden Textelementen und Symbolen zusammen. Für Konsumenten ist das Besondere an einem Produkt dadurch viel schneller sichtbar. Sie können so Entscheidungen darüber, welche Produkte sie einkaufen sollen um nachhaltig zu sein, viel schneller und einfacher treffen. „M-Check“ wird nicht nur für Nahrungsmittel angewendet, sondern auch für Non-Food Produkte, wie von der Migros verkauften Bekleidungsartikel.

    2021 gab die Migros bekannt, dass der M-Check weiterentwickelt wird. Schritt für Schritt führt die Migros auf allen 250 Eigenmarken und Labels eine neue Nachhaltigkeitsskala ein. Diese bewertet die verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel Tierwohl oder Klima, mit 1 bis 5 Sternen (Artikel, Migros, 2021).


Video: Migros M-Check kurz erklärt

 

  • Der Innovation Hub von Mondelez, Snack Features, hat eine klimaneutrale Crackermarke entwickelt – NoCOé. Laut dem Unternehmen suchen vor allem junge Kunden nach neuen Marken, mit denen sie gemeinsame Werte haben – NoCOé soll eine solche Marke werden. NoCOé enthält pflanzliche Zutaten, die zur Abwechslung in der Ernährung beitragen und eine hohe Nährstoffdichte aufweisen, wie Dinkelmehl, Hanf, Quinoa und Kürbiskerne. Eine kurze Lieferkette und die lokale Herstellung (in Frankreich) sollen helfen, den ökologischen Fussabdruck des Produkts zu reduzieren. Die Verpackung besteht aus Karton und einer biologisch abbaubaren Folie, die zu Hause kompostiert werden kann (Artikel, Food Navigator, 2020).

  • Auch in der Möbelindustrie werden nachhaltige Sortimente immer wichtiger. Einige Hersteller wie Hey Sign oder Kalon verankern nachhaltiges Design und Produktion als Basis in ihrer Unternehmensphilosophie. Die Unternehmen entwickeln Produkte, die zum Beispiel aus PET-Filz sind. Dieser wird aus alten PET-Flaschen gewonnen und verwertet somit die Rohstoffe bereits hergestellter Produkte anstatt neue zu verwenden. Auch Schweizer Händler wie Micasa sorgen sich darum, möglichst nachhaltige Sortimente und Geschäftsprozesse zu haben. Hier geht es zum Beispiel um zertifizierte Tierhaltung für Federn oder Daunen, Gütesiegel für Holz oder Baumwolle, oder nachhaltiger Transport mit Schiff und Bahn.

  • Yardbird (Artikel, Business Insider, 2020) stellt nachhaltige Outdoor-Möbel aus abgefangenem Ozeanplastik her. Das erst 2017 gegründete Unternehmen verkaufte 2018 Möbel im Wert von 4 Millionen US-Dollar. Als nachhaltiges Unternehmen ging Yardbird eine Partnerschaft mit dem Carbon Fund ein, um seinen CO2-Fussabdruck zu 100 % auszugleichen. Zudem bestehen die Verpackungen zu 50 % aus recycelten Rohstoffen. 
  • Um Sortimente nachhaltiger zu gestalten, können Händler und Hersteller auch bei den Verpackungen ansetzen.  

    Nachhaltige Sortimente LidlBei Lidl gibt es verschiedene Ansätze und Ziele, Verpackungen nachhaltiger zu gestalten.





Händler können ausserdem gemeinsam neue Ansätze zur Vermeidung von Verpackungsabfall testen. Der Online-Shop „Loop Store“ baut ein händlerübergreifendes System von Mehrweg-Verpackungen auf. Der Shop stellt wiederbefüllbare Verpackungen für verschiedene Marken her, welche ihre Produkte über den Shop in den wiederverwertbaren Verpackungen verkaufen wollen. Loop Store ist hauptsächlich in den USA aktiv, etabliert sich jetzt aber auch in Europa und in anderen Märkten. Bekannte Marken, die hier teilnehmen, sind zum Beispiel Axe, Haagen Dazs, Colgate, Gillette Venus, Febreze, Hellmann’s oder Tropicana. Auf der Webseite kann über die Zusammenarbeit mit Händlern wie Walgreens oder Kroger gelesen werden.

Video: TerraCycle Introduced Loop




Colgate führt das Thema Nachhaltigkeit weiter fort. Der Hersteller lanciert 2019 in Europa eine Bambus-Zahnbürste. Die Zahnbürste sei 100 % biologisch abbaubar und wird in einer angeblich besonders umweltfreundlichen Karton-Verpackung verkauft.

Ein weiteres Projekt sind wiederverwendbare Essensbehälter, wie sie beispielsweise von reCIRCLE angeboten werden. Das Unternehmen arbeitet mit verschiedenen Takeaways zusammen. Die nachhaltigen wiederverwendbaren Essensbehälter werden gegen Pfand als Alternative für traditionelle Plastik- oder Styroporbehälter, die in den meisten Takeaways zum Einsatz kommen, angeboten.

In einer Studie zur sog. „Attitude-Behaviour-Gap“ zeigt Zalando auf, dass es eine Diskrepanz zwischen der Einstellung und dem Kaufverhalten von Konsumenten bzgl. nachhaltigen Kaufentscheidungen beim Modeeinkauf gibt. In der Studie werden 12 Faktoren untersucht, die nachhaltige Kaufentscheidungen beeinflussen und macht deutlich, dass es Konsumenten wichtig ist, woraus ihre Kleidung besteht, unter welchen Arbeitsbedingungen sie hergestellt wurde und was mit der Kleidung passiert, wenn sie aussortiert wird. In der Studie wurde ebenfalls analysiert, inwiefern Konsumenten ihre Einstellungen bei ihrem Kaufverhalten dann letztendlich wirklich miteinbeziehen. So geben zum Beispiel zwar 60 % der Respondenten (n=2’500) an, dass ihnen Transparenz wichtig ist, aber nur 20 % holen sich während dem Einkaufen dann auch aktiv Informationen zur Nachhaltigkeit ein. Oder: 53 % geben an, dass es wichtig sei, Marken mit hohen ethischen Standards zu kaufen, aber nur 23 % haben sich schon selbst über diese Standards informiert. In der Studie wird diese Diskrepanz analysiert und es werden entsprechende Empfehlungen für Marken und Händler vorgestellt, um die Situation zu verändern (Studie, Zalando, 2021).

Laut der Studie „Produkttransparenz fördert Nachhaltigkeit“ (2019) von inRiver, einem Spezialisten für Produktinformationsmanagement-Systeme, bevorzugen 71 % der Konsumenten nachhaltige Produkte, wenn der Handel für vollständige Transparenz sorgt. Weiter sagt die Studie aus, dass 49 % der Konsumenten bereit sind mehr für ein Produkt zu bezahlen, wenn dieses eindeutig als aus recycelten Materialien hergestellt oder vollständig recycelbar gekennzeichnet ist. Die Kunden erhalten die Nachhaltigkeitsinformationen zum Produkt hauptsächlich über die Websites oder Online-Shops der Anbieter (48 %). Dagegen sind Informationen aus der Werbung (18 %) oder von Influencern (13 %) für die Befragten relativ unwichtig. 

Der WWF hat 2019 Schweizer Unternehmen des Gross- und Detailhandels hinsichtlich der Nachhaltigkeit bewertet. Die Detailergebnisse sowie Vorschläge für Massnahmen sind im Endbericht enthalten; weitere Informationen finden sich auf der Webseite des WWF

Die Vorschriften für Bio-Produkte in der Schweiz sind strenger als in den meisten anderen europäischen Ländern. Die aktuellen Richtlinien von Bio Suisse für Knospe-Produkte finden sich hier. Auch für Fair Trade gibt es klare Richtlinien, die u.a. von Max Havelaar erklärt oder in den Swiss Fair Trade Grundsätzen und Standards beschrieben werden.

Allerdings entstehen teilweise auch Initiativen mit weitergehenden Zielen, deren Richtlinien und Ansätze aber noch weniger klar sind. So wird seit einiger Zeit unter dem Stichwort „Living Income“ diskutiert, ob Fair-Trade-Preise und -Initiativen wirklich ausreichend sind, um den Bauern in den Ursprungsländern ein ausreichendes Einkommen für ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die komplexe Diskussion zum Zusammenhang von Fair-Trade, Marktdruck, Mischrechnungen mit konventionellen Produkten und Living Income wird u.a. in einem Blogbeitrag vom Juli 2020 von kaffeemacher.ch geführt. Die Living-Income-Initiative entwickelt sich teilweise unabhängig von den Fair-Trade-Initiativen.

Noch unklarer sind die Richtlinien und Zertifizierungen bei Natur- und naturnaher Kosmetik. Während es klare Richtlinien für Naturkosmetik gibt, sind für viele Konsumenten v.a. naturnahe Kosmetikprodukte interessant, zum Beispiel wegen einer besseren Verträglichkeit oder Wirksamkeit. Für „Clean Beauty” oder naturnahe Kosmetik, die von unterschiedlichen Unternehmen beworben wird, gibt es aber keine klaren Richtlinien, sodass die Gefahr des Greenwashing besteht, wie Dr. Katharina Alder, Leiterin F&E von Rausch, in einem Blogbeitrag erklärt. 

Der Kurs „Sustainable Product Development“ von Class Central gibt Teilnehmern einen Überblick über Strategien und Techniken, die für die Entwicklung von nachhaltigen Produkten und Produktionsprozessen notwendig sind. Mit Hilfe von Fallbeispielen werden dabei strategische Entscheidungen untersucht in Fällen, in denen Umwelt- und Ressourcen-Faktoren mit einbezogen werden müssen.

Das Forschungs- und Beratungs-Institut Facit und die Kommunikationsagentur Serviceplan untersuchen seit 2011, welche Marken Konsumenten für nachhaltig halten. In der Sustainability Image Score-Studie von 2018 hat das Unternehmen herausgefunden, dass rund 70 % der Kunden Nachhaltigkeit als wichtig empfinden, für rund 10 % ist Nachhaltigkeit entscheidend. Es wurde ausserdem herausgefunden, dass Konsumenten nicht pauschal nach Branche urteilen, sondern zwischen einzelnen Unternehmen unterscheiden. Die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit bei der Bewertung des Images eines Unternehmens ist dabei steigend. 

Ein weiterer interessanter Beitrag zu Nachhaltigkeit im Textilbereich hat die Sportmesse ISPO veröffentlicht. 50 % der Befragten kaufen lieber Kleidung von Marken, von denen sie wissen, dass sie sich für Nachhaltigkeit engagieren und 28 % würden auf einen Kauf verzichten, wenn sie wüssten, dass sich eine Marke nicht um Nachhaltigkeit kümmert. 32 % sind dabei bereit, für Nachhaltigkeit mehr zu bezahlen. Im Artikel werden weiter fünf Aspekte, die den Konsumenten besonders wichtig sind, als Anhaltspunkte für Unternehmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit sowie Besserungsvorschläge für Online-Händler vorgestellt (Artikel, IPSO, 06/2019).

Im Themenbereich „Sortimentspolitik“ sind nachhaltige Sortimente seit vielen Jahren einer der wichtigsten Trends. Im Folgenden werden konkrete Empfehlungen gegeben, diesen Trend erfolgreich aufzugreifen. Wenn Unternehmen hier noch nicht gehandelt haben, ist es höchste Zeit, aktiv zu werden („Act“). Die Schweizer Detailhändler arbeiten bereits seit langem daran, die Nachhaltigkeit ihrer Sortimente und Leistungen stetig zu verbessern; Coop und Migros gehören hierbei weltweit zu den führenden Unternehmen, sodass deren Aktivitäten auch für die anderen Detailhändler als Vorbild dienen können.

Dabei sind nachhaltige Sortimente wichtig,

  • weil Konsumenten zunehmend nachhaltige Produkte nachfragen,
  • weil die Politik zunehmend rechtliche Regelungen erlässt, die die Nachhaltigkeitsanforderungen an Produkte erhöht und nicht zuletzt,
  • weil Unternehmen so auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen.

Der wichtigste Ansatzpunkt bei der Produktentwicklung nachhaltiger Produkte ist dabei nicht – wie in den meisten anderen Bereichen der Neuproduktentwicklung – Konsumenten zu befragen, sondern es geht stärker um eine interne Analyse der ökologischen und sozialen Auswirkungen der eigenen Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Je nach Branche sind die wichtigsten Nachhaltigkeitsaspekte unterschiedlich. Dies können die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern sein, die hohe Belastung natürlicher Ressourcen, z.B. durch Abholzung von Wäldern für Agrarflächen in Entwicklungsländern, die Löhne in der Schweiz, die CO2-Belastung bei internationalen Transporten vs. die mögliche Beschaffung von Schweizer Produkten aus der Region, schädliche Inhaltsstoffe bei Produkten oder vieles mehr sein. In jüngerer Zeit gewinnt – getrieben unter anderem von der Diskussion zu Mikroplastik – auch das Verpackungsthema enorm an Dynamik.

Daher sollten Unternehmen zunächst für ihre Produkte und die Unternehmen insgesamt eine Materialitätsanalyse (Wesentlichkeitsanalyse) durchführen, um zu identifizieren, welche Nachhaltigkeitsthemen besonders relevant sind (interessante Beispiele sind die Materialitätsanalyse von Beiersdorf und die Materialitätsanalyse von Uelzena). Basierend auf diesen Ergebnissen sollten für die wichtigsten Nachhaltigkeitsaspekte Analysen durchgeführt werden, wie die jeweiligen Produkte hier zu Belastungen führen (z.B. „CO2-Footprint) und wie hier Verbesserungen erzielen kann.

Dabei gibt es bezüglich der ökologischen Belastungen zwei grundsätzliche Stossrichtungen, in die Unternehmen arbeiten können:

  • Zunächst geht es darum, die Öko-Effizienz der Produkte zu verbessern, d.h. Schadstoffe zu vermindern, für die Produktion weniger Ressourcen zu verbrauchen usw. Dies ist der schnellste und einfachste Weg, die eigenen Sortimente nachhaltiger zu machen. Jedoch wird in jüngster Zeit kritisiert, dass das Potenzial solcher Massnahmen begrenzt ist, weil ökologische Probleme so zwar verringert, aber nicht beseitigt werden. Dennoch sollten Unternehmen in der Schweiz daran festhalten, Schritt für Schritt ihre Sortimente so zu verbessern.
  • Bei der Öko-Effektivität geht es um einen radikaleren Ansatz, bei dem von Anfang an bei der Produktentwicklung in Produktkreisläufen gedacht wird. Ziel bei diesen ganzheitlichen Lösungen, die auch unter dem Begriff „Cradle-to-Cradle“ diskutiert werden, ist es, eine unbegrenzte Wiederverwendung der eingesetzten Rohstoffe zu erreichen. Alles verwendete Material soll dabei nach Gebrauch weiterverwendet oder ohne schädlich Rückstände kompostiert werden können.

Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt zu (Weiter-)Entwicklung nachhaltiger Sortimente ist die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Labels und die Einhaltung derer Standards. Nachhaltigkeits-Labels gibt es in allen Sortimentsbereichen, z.B. Knospe Bio Suisse, Fairtrade Max Havelaar, FSC, MSC, ASC, Naturaland, UTZ, Rain Forst Alliance u.v.m. Zudem haben die Schweizer Grossverteiler in den letzten Jahrzehnten eigene Labels entwickelt, die sich im Markt etabliert haben (z.B. Naturaline, Oecoplan, Aus der Region. Für die Region.).

Grundsätzlich stellt sich jedoch bei der Label-Nutzung die Herausforderung, dass es zwar unzählige Labels gibt (einen guten Überblick gibt Labelinfo.ch), dass die Kunden aber viele der Labels nicht genau kennen und die Standards nicht wirklich unterscheiden können. Statt einem möglichst breiten Label-Portfolio und der weiteren Entwicklung firmenspezifischer Labels wäre es für alle Beteiligten besser, sich auf wenige, aussagekräftige Labels zu einigen (diese Empfehlung betrifft nicht die bereits etablierten und im Markt bekannten Labels der Grossverteiler). Dies ist letztlich eine Aufgabe, die in Diskussionen auf Branchenebene gelöst werden sollte.

Von daher empfiehlt es sich für Schweizer Detailhändler und Hersteller, auf Labels mit möglichst strengen Standards zu setzen, die den hohen (und steigenden) Anforderungen der Schweizer Konsumenten gerecht werden. Gleichzeitig ist es aber für "Nachhaltige Sortimente" auch notwendig, die strengen Standards besser und intensiver in Richtung Konsument zu kommunizieren.

Eng damit verbunden ist auch die Frage der Rückverfolgbarkeit der Produkte, die nicht automatisch in den Label-Standards enthalten ist. Dies entspricht aber nicht nur einem Konsumentenbedürfnis, sondern zunehmend auch der Risikoabsicherung der Hersteller und Detailhändler. Von daher sollten Unternehmen schnell mit ihren Lieferanten daran arbeiten, eine wirkliche Rückverfolgbarkeit der Produkte sicherzustellen.

Zudem kann es sinnvoll sein, sich an den Handlungsempfehlungen des WWF zu orientieren. Dieser verlangt für mehr Nachhaltigkeit im Sortiment, der Handel müsse (WWF, 2019, S. 18):

  • die Umweltrisiken in den Sortimenten systematischer anhand von Ökobilanzen und Wasserrisikoanalysen erfassen, Ziele erarbeiten und entsprechenden Massnahmen umsetzen,
  • bei den eigenen Ansprüchen ehrgeiziger sein und die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten berücksichtigen,
  • seine wichtigsten Lieferanten zu Reduktionszielen in der Lieferkette verpflichten und mittels Schulungen für Umweltthemen sensibilisieren,
  • in die Rückverfolgbarkeit und Transparenz über die Lieferketten investieren, um kritische Rohstoffe wie Palmöl, Soja, Kaffee und Kakao effektiv managen zu können,
  • den Anteil an Label-Produkten erhöhen,
  • den Bezug von Produkten aus fossil beheizten Gewächshäusern vermindern oder stoppen und
  • Flugtransporte vermindern oder ganz stoppen.

Weitere Handlungsempfehlungen hat Zalando aus seiner Studie zum Attitude-Behaviour-Gap in der Modebranche abgeleitet. In der Studie geht es darum, wie Konsumenten dazu gebracht werden können, ihr Kaufverhalten in Sachen Nachhaltigkeit auch ihren hohen Erwartungen dazu anzugleichen. Folgende Empfehlungen wurden zwar für die Modebranche erarbeitet, können jedoch auch in anderen Branchen eingesetzt werden (Studie, Zalando, 2021):

  1. Setze auf Transparenz und nimm deine Kund*innen mit auf die Nachhaltigkeitsreise.
  2. Sprich so über Nachhaltigkeit, dass es jede*r versteht.
  3. Hilf deinen Kund*innen dabei, sich von der Nachhaltigkeitsmission deiner Marke überzeugen zu lassen.
  4. Hilf deinen Kund*innen dabei, nicht mehr, sondern richtig zu kaufen.
  5. Nutze Daten und Technologie, um nicht nachhaltige Rabatte zu vermeiden.
  6. Steigere den Verkauf nachhaltiger Produkte, indem du deine Kund*innen mit Faktoren wie Qualität und Passform motivierst.
  7. Nutze deinen Einfluss auf sinnvolle Weise: Gib neben Influencer*innen auch deinen Kund*innen und Mitarbeiter*innen eine Stimme.
  8. Wende die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft im gesamten Lebenszyklus eines Produktes an.
  9. Investiere in Secondhand.
  10. Hilf deinen Kund*innen, Kleidung richtig zu pflegen und zu reparieren.